Meldungen aus dem Landesverband Bayern
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Würdige Begehung des Volkstrauertags in der Oberpfalz

Kranzniederlegung in Regensburg durch Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und Oberst Klaus-Peter Berger. Dr. Dario Vidojković/Volksbund

Bei perfektem Herbstwetter wurde der Volkstrauertag in der Oberpfalz begangen. Dabei war dieser Volkstrauertag in zweifacher Hinsicht ein besonderer. Zum einen wurde er in diesem Jahr zum mittlerweile hundertsten Mal begangen. Das erste Mal nämlich fand im Reichstag am 5. März 1922 eine Gedenkstunde für die Toten des Ersten Weltkrieges statt, initiiert vom Volksbund. Zum anderen stand der diesjährige Volkstrauertag unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine, der in eindringlicher Weise die Bedeutung von Frieden, Freiheit und Demokratie wie vielleicht kaum ein anderes Ereignis zuvor unterstrich.

Auch in historischer Hinsicht stand der Volkstrauertag 2022 unter besonderen Vorzeichen. Denn in diesem Jahr jährten sich die Zweite Schlacht von El Alamein sowie die Schlacht um Stalingrad zum nun 80. Mal. Die Zweite, und historisch auch bedeutendere, Schlacht von El Alamein dauerte vom 23. Oktober bis 4. November 1942. Am Ende stand der Sieg der alliierten Truppen unter Führung ihres Oberbefehlshabers General Bernard Montgomery über das deutsche Afrikakorps unter Generalfeldmarschall Erwin Rommel. Die deutschen Truppen mussten ihren Feldzug Richtung Kairo damit zwar aufgeben, letztlich geschlagen geben mussten sie sich erst am 13. Mai 1943, als die letzten Reste des Afrikakorps in Tunesien kapitulierten. Die Schlacht von Stalingrad begann bereits im Sommer 1942, am 23. August 1942, und dauerte bis zur Kapitulation der letzten Reste der deutschen 6. Armee unter Feldmarschall Friedrich Paulus am 2. Februar 1943. Im November 1942 nämlich erfolgte während einer sowjetischen Gegenoffensive die Einkesselung der deutschen 6. Armee („Operation Uranus“, Beginn 19. November 1942), die eine Stärke von 250.000 Mann hatte, im Raum Stalingrad. Damit scheiterte der deutsche Vorstoß Richtung Wolga, aber auch in Richtung des Kaukasus mit dessen kriegswichtigen Erdölfeldern am Kaspischen Meer. Beide Schlachten gelten als entscheidende Wendepunkte des Zweiten Weltkrieges, womit das Ende der NS-Herrschaft in Europa eingeleitet wurde, obwohl der Krieg noch mehr als zwei Jahre weiterging und unzählige Millionen von Menschen das Leben kostete. Am 21. Oktober 2022 wurden, fast genau auf den Tag 80 Jahre nach Beginn der Zweiten Schlacht bei El Alamein, fünf deutsche Soldaten feierlich beigesetzt, die im März dieses Jahres gefunden wurden.

In zahlreichen Orten der Oberpfalz wurde der Volkstrauertag begangen. Die zentrale Volkstrauertagsveranstaltung wurde heuer in Neumarkt in der Oberpfalz abgehalten. Diese fand am Kriegerdenkmal im Eichelgarten statt, dazu geladen hatte der Neumarkter Oberbürgermeister Thomas Thumann. Die Veranstaltung eröffneten die Pfarrer Michael Murner und Michael Krämer. Unter den Anwesenden für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. vertreten waren der Bezirksverbandsvorsitzende und Regierungspräsident a. D. Axel Bartelt sowie der Neumarkter Landrat und Kreisvorsitzende Willibald Gailler. Unter den weiteren geladenen Gästen waren die Vertreter der Soldaten-, Krieger- und Reservistenvereinigungen aus Neumarkt und Woffenbach. OB Thumann erinnerte in seiner Ansprache an die Zerbrechlichkeit des Friedens, die Schüler des Ostendorfer-Gymnasiums und des Willibald-Gluck-Gymnasiums brachten den sehnsüchtigen Wunsch nach einer Welt des Friedens und frei von Krieg, Rassismus und Unterdrückung zum Ausdruck.

Der diesjährige Volkstrauertag sei ein besonderer, so Bartelt, denn es habe sich mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine eine „Zeitenwende“ in Europa, womöglich in der ganzen Welt vollzogen. Bartelt erinnerte an die Ereignisse, die sich vor 80 Jahren abgespielt hatten, insbesondere an die Schlachten von El Alamein und Stalingrad. Auch wies er darauf hin, dass die jetzigen Schlachtfelder in der Ukraine schon solche im Zweiten Weltkrieg gewesen waren. Nach den unzähligen millionenfachen Toten der Weltkriege und des Holocausts stelle sich laut Bartelt die dringende Frage, was die Menschheit daraus heute gelernt habe, angesichts des neuen Leidens in der Ukraine. Als zutiefst beunruhigend müsse das Drohen mit dem Einsatz von Atomwaffen und eines Atomkrieges gelten, fast genau 60 Jahre, nachdem die Welt in der Kubakrise einer solchen Katastrophe noch einmal entgangen war. Der Volksbund stehe deshalb für Frieden und Völkerverständigung ein.

In Weiden lud Oberbürgermeister und Volksbund-Kreisvorsitzender Jens Meyer vor dem Marsch zum Ehrenmal zur symbolischen Scheckübergabe an den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in das Neue Rathaus ein. Er erinnerte in seiner Ansprache daran, wie der Volksbund vor über hundert Jahren als Folge des Ersten Weltkrieges gegründet wurde. Dabei würdigte Meyer die Arbeit und den Einsatz des Volksbundes für die Kriegsgräberfürsorge sowie für Frieden und Völkerverständigung. Als Vertreter der Bundeswehr sprach Oberstleutnant Stefan Zadlo. Für den Volksbund nahm der Bezirksgeschäftsführer des Bezirksverbandes Oberpfalz Dr. Dario Vidojković den Scheck dankend entgegen. Mit Unterstützung der Bundeswehr in Weiden sowie ehrenamtlicher Sammlerinnen und Sammler kam so heuer nämlich ein Gesamtbetrag von 11.500 Euro zustande.

In Regensburg ist der Volkstrauertag traditionell im Stadtpark beim Ehrenmal begangen worden. Neben einer Ehrenabordnung der Bundeswehr nahmen daran erneut Abordnungen der Feuerwehr sowie der Landsmannschaften teil. Daneben haben sich auch Stadträte, Vertreter des ZAW in Regensburg, darunter Hauptmann Andreas Grimminger, Vertreter der Freiwilligen Feuerwehr sowie eine Fahnenabordnung der Vereine der Stadt eingefunden. Für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge waren der Regensburger Kreisvorsitzende Dr. med. Theophil Schindler sowie der Bezirksgeschäftsführer Dr. Dario Vidojković vertreten. Die Bläserphilharmonie sowie der Männerchor der Regensburger Domspatzen begleiteten die Gedenkstunde auch in diesem Jahr musikalisch. Gekommen waren über hundert Regensburger Bürger.

Als erster Redner sprach Florian Hausler, Schülersprecher bei der Private Schulen Breitschaft. An die Anwesenden gewandt, erinnerte sich Hausler zunächst, wie er als Kind den Volkstrauertag erlebt hatte. Mit dem Wort „Kriegerdenkmal“ sei man aufgewachsen, ohne den Sinn zu hinterfragen, „weil es schon immer da war“. Mit dem 24. Februar 2022 wurde dann laut Hausler jedoch „vieles anders“. Die jetzigen Geschichten über Flucht und Vertreibung ähnelten denjenigen der „Alten“, die man früher oft ge- und auch überhört habe. Deren Geschichten von einem längst vergangenen Krieg und den Leiden darin hätten nichts mit der Zukunft zu tun, aber „jetzt sind sie im Alltagsgespräch“. Und jetzt organisierten Schülermitverwaltungen statt Partys Sammlungen von Hilfsgütern in die Ukraine. „Der Krieg hat Einzug in unser Leben gefunden“, stellte Hausler fest. Jetzt habe das Wort „Kriegerdenkmal“ auch plötzlich eine Bedeutung. Denn wie im Wort enthalten, denke man am Volkstrauertag an Menschen, die durch Krieg gewaltsam ums Leben kamen. Das und das Gedenken an das viele Leid, das Kriege auslösen, bedeute „Kriegerdenkmal“, so der junge Schüler.

Anschließend erinnerte Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer an das Jahr 1922, in welchem das erste Mal ein Gedenken des Volksbundes für die Kriegstoten im Reichstag abgehalten wurde. Seit dem Februar 2022 sei an unsere Haustür ein neuer Krieg näher gerückt, fuhr Maltz-Schwarzfischer fort. Man habe sich an die täglichen Meldungen über den Krieg in der Ukraine zwar gewöhnt, aber für nicht wenige Menschen stünden daneben die Energiekrise und die Inflation im Vordergrund. Mithin solle am Volkstrauertag nichtsdestotrotz auch an alle diejenigen erinnert werden, die in der Ukraine ihr Leben ließen. Zudem solle dies ein Gedenktag für alle Opfer von Gewalt weltweit sein, wie auch an die Opfer der Vergangenheit, wie etwa an die Opfer des Olympiaterrors in München 1972. Zum Abschluss dankte Maltz-Schwarzfischer allen Helfern, die sich in der Ukraine und für die ukrainischen Flüchtlinge einsetzten und rief zu Wachsamkeit auf. Nach ihrer Ansprache gedachte Maltz-Schwarzfischer gemeinsam mit dem Standortältesten für Regensburg Oberst Klaus-Peter Berger mit einer gemeinsamen Kranzniederlegung der Kriegstoten.

Neben den deutschen Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkrieges ruhen auf der Kriegsgräberstätte Oberer Katholischer Friedhof II auch einige Commonwealth-Soldaten, ebenso wie Kriegsgefangene aus Jugoslawien, die als Zwangsarbeiter bei den Luftangriffen auf die Stadt ums Leben kamen, sowie mehrere hundert zivile Bombenopfer. Der verheerendste Luftangriff auf Regensburg fand am 17. August 1943 statt, als etwa 400 Menschen den Tod fanden. Text: Dr. Dario Vidojković