Meldungen aus dem Landesverband Bayern
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Gedenken an ersten Luftangriff auf Regensburg vor 80 Jahren

Gedenkveranstaltung auf der Kriegsgräberstätte auf dem Oberen Katholischen Friedhof

Vor den Kränzen (von links): Bezirksvorsitzender Abteilungsdirektor a. D. Richard Glombitza, der Generalkonsul der Republik Serbien aus München Božidar Vučurović, Bürgermeister Ludwig Artinger, dahinter Bezirksgeschäftsführer Dr. Dario Vidojković. Hans Rötzer / SRK Freihung

Vor gut 80 Jahren, am 17. August 1943, erfolgte in den Mittagsstunden der erste Luftangriff US-amerikanischer Bomber auf die Stadt Regensburg. Ziel dieser Operation „Double Strike“, die zugleich auch Schweinfurt ins Visier nahm, waren in Regensburg vornehmlich die Messerschmitt-Werke im Stadtwesten, in Prüfening, aber auch Anlagen der Reichsbahn sowie der Osthafen. Dies war zugleich auch der schwerste Luftangriff auf die Stadt mit über 400 Toten. Regensburg sollte noch fünfzehn weitere Male bis Kriegsende 1945 bombardiert werden, doch dieser erste Luftangriff war zugleich der schwerste mit den meisten Opferzahlen, mit über 400 Kriegstoten. Darunter befanden sich auch Zwangsarbeiter aus Osteuropa. Deren genaue Zahl ist allerdings bis heute nicht klar, da man damals die ausländischen Opfer nicht so erfasste und dokumentierte, oder dies auch, aus ideologischen Gründen, nicht wollte. Unter den Toten befanden sich auch über 70 (manche Quellen sprechen sogar von 91) Lehrlingen der Messerschmitt-Werke im Alter von nur 15-16 Jahren. Auf US-amerikanischer Seite verlor man 24 Maschinen mit 200 Mann Besatzung.

Genau 80 Jahre nach diesem ersten Luftangriff lud der Bezirksverband Oberpfalz im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. in Kooperation mit Martina Köglmeier, in Vertretung für die Stabsstelle für Bildungs- und Erinnerungskultur der Stadt Regensburg, zu einer Gedenkveranstaltung ein. Zahlreiche Bürger folgten dieser Einladung und nahmen an der würdigen Gedenkveranstaltung auf der Kriegsgräberstätte auf dem Oberen Katholischen Friedhof in Regensburg teil. Erschienen waren u. a. für die Stadt Regensburg der 3. Bürgermeister Ludwig Artinger, der stellvertretende Landrat Willi Hogger, der stellvertretende Bezirksvorsitzende des Bezirksverbandes Oberpfalz Jürgen Kilger, der Kreisvorsitzende der Stadt Regensburg Dr. med. Theophil Schindler, die Stadträte Bernadette Dechant, Ellen Bogner, Dagmar Schmidl, Jürgen Eberwein, Marcus Troidl und Alexander Irmisch, die Bundestagsabgeordnete Dr. Carolin Wagner, der Regenstaufer Marktrat Hauptmann a. D. Fred Wiegand. Daneben erschienen auch Vertreter des Ehrenamtes und der ehrenamtlichen Sammlerinnen und Sammler des Volksbundes, wie der stellvertretende Vorsitzende des BSB 1874 e. V. für die Oberpfalz Alfons Betzl, der Ehrenpräsident des BSB 1874 e. V. Generalmajor a. D. Jürgen Reichardt, der Vorsitzende der BKV Oberpfalz Josef Hartinger und Hans Rötzer für den VdRBw sowie Hubert Magdas (Lappersdorf), August Baier (KSV Zeitlarn), Alois Vetter (KRK Pettendorf) und Egolf Biscan (KSRV Obertraubling). Ebenfalls an der Veranstaltung teilgenommen haben die Bildungsreferentin der Stadt Regensburg Dr. Sabine Kellner-Mayrhofer, für die Initiative Stolpersteine in Regensburg Susanne Feichtmayer-Arnold, der Stadtheimatpfleger Prof. Dr. Gerhard Waldherr, Dr. Georg Köglmeier vom Lehrstuhl für Bayerische Landesgeschichte und der Historiker Peter Schmoll, der über die Luftangriffe auf Regensburg Bücher verfasste.

Besondere Gäste waren der fast 96-jährige Zeitzeuge Albert Schettl, der damals einer der Lehrlinge war, als der Luftangriff erfolgte, die Informatikstudentin der OTH Nawwal Azzahrah, Gewinnerin des 6. Internationalen Comic-Wettbewerbes des Volksbundes, sowie der Generalkonsul der Republik Serbien aus München, Božidar Vučurović und Konsul Kosta Simonović.

Quelle: TVAktuell

Nach der Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch den Bezirksgeschäftsführer des Bezirksverbandes Oberpfalz im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Dr. Dario Vidojković und Martina Köglmeier ergriff Bürgermeister Artinger das Wort. Es handele sich um „ein trauriges Ereignis der Regensburger Geschichte“, dem man nun gedachte. Artinger erinnerte daran, dass schon in den Jahren zuvor Luftangriffe für europäische Städte zum Alltag gehörten, seit die deutsche Luftwaffe den Luftkrieg eröffnete. Dazu nannte Artinger das Beispiel der englischen Stadt Coventry, welche von der deutschen Luftwaffe derart zerstört wurde, dass der damalige Propagandaminister Goebbels mit dem Begriff „coventrieren“ ähnliche Angriffe auf andere Städte androhte. Auf der anderen Seite schlugen auch die Alliierten „ebenso rücksichtslos zurück“. Er zitierte den sogenannten britischen Luftwaffenchef „Bomber“ Harris mit den Worten: „Sie säten Wind und ernten jetzt Sturm“. In seiner Ansprache erinnerte Artinger auch an das Schicksal Hamburgs, das nur wenige Wochen vor dem Angriff auf Regensburg das Ziel eines verheerenden Luftangriffes mit 30.000 Toten war. Im Tod seien alle gleich, Bomben könnten nicht zwischen „schuldig“ und „unschuldig“ unterscheiden, sie träfen „unterschiedslos alle, die sich in ihrem Wirkungskreis“ befänden. Darum wolle er das Andenken auf alle (zivilen) Opfer von Luftangriffen ausweiten.

Als nächster sprach der Bezirksvorsitzende des Bezirksverbandes Oberpfalz im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., Abteilungsdirektor a. D. Richard Glombitza. Glombitza erklärte, dass auf dieser Kriegsgräberstätte insgesamt 1.139 Kriegstote des Ersten und Zweiten Weltkrieges, zivile Bombenopfer, deutsche Soldaten, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus Ost- und Südosteuropa, auch alliierte Soldaten aus dem Commonwealth, Frauen, Männer und sogar Kinder ruhen. Nun wolle man aber besonders der Kriegstoten des 17. August 1943 gedenken. Er schilderte anschaulich den Ablauf des US-amerikanischen Luftangriffes auf Regensburg, wobei nicht alle der ursprünglich von englischen Basen aus gestarteten 146 Bomber ihr Ziel erreichten. So wurde bei Hemau ein US-Bomber von deutschen Jagdflugzeugen abgeschossen. Insgesamt wurden während des Anfluges 12 Maschinen abgeschossen, sieben weitere mussten wegen technischer Probleme wieder umkehren. Der übrige Verband begann gegen 12:42 Uhr die ersten Bomben auf die Stadt abzuwerfen. Die Folgen des Bombardements waren über 400 Kriegstote, darunter auch Zwangsarbeiter. Glombitza verlas beispielhaft für die vielen Opfer einige der Namen: Leo Baierl, 22 Jahre, der Schlosser Anton Salbeck, 31 Jahre, der Elektrofahrer Matthias Forster, 44 Jahre, die Prüferin Katharina Dicklhuber aus Langenbruck, 20 Jahre alt, Fanny Doblinger, 59 Jahre alt, der Bauarbeiter Michael Ederer aus Postfelden, 61 Jahre alt, Richard Endl, 16 Jahre alt, Albert Frisch, 15 Jahre alt, Paul Heeg, 15 Jahre alt, Albert Stockinger, 15 Jahre, Aloisia Lehner, 32 Jahre alt, die Spenglereihelferin Maria Grabensberger aus Pielmühle, 19 Jahre alt. Es kamen am 17. August 1943 ebenso ums Leben z. B. die Belgier: der Maler Emile Grand-Henri, 20 Jahre alt, Georges Dupont, 23 Jahre alt, der Werkhelfer Jules Lefevre, 36 Jahre alt. Aus der ehemaligen Sowjetunion kamen damals ums Leben z. B. auch Aleksiej Guziew, Wera Kornejenko, Paraska Kowalenko, Katharina Marsenko, Maria Semenko, Olga Schornowa.

An dieser Aufzählung merke man, „welche tragischen Schicksale hinter den hier ruhenden Toten liegen und welche Dimension der Zweite Weltkrieg gehabt“ habe. Der Bezirksvorsitzende verwies auch darauf, dass auf der Kriegsgräberstätte ebenfalls 19 serbische Kriegsgefangene ruhen. Der Volksbund kümmere sich um all diese Kriegsgräber, wobei die Kriegsgräberstätte selbst sei „ein Ort der Dokumentation des Grauens und des unermesslichen Leides von Kriegen, es […] aber auch ein Ort des Erinnerns und Gedenkens, wie wir das hier und heute auch tun, im Gedenken der Toten des Luftangriffes vom 17. August 1943, aber auch im Gedenken aller hier ruhenden Kriegstoten“. Dazu zitierte er Albert Schweitzer, der über Soldatengräber einmal sagte, sie seien die besten Mahner für den Frieden. Und Frieden bräuchten wir alle heute angesichts des Krieges in der Ukraine dringender denn je. Wenn junge Männer wieder in Schützengräben aufeinander schießen, müsse man sich fragen, ob die Menschen nie lernen würden, was Krieg bedeute. Mut mache es auf jeden Fall, dass selbst in Russland die Arbeit des Volksbundes weitergehe. Anwesend war auch der Zeitzeuge Albert Schettl, der damals Lehrling bei den Messerschmitt-Werken war und den Luftangriff überlebt hatte. Für ihn verlas sein Freund und Ehrenpräsident des Geschichts- und Kulturvereins Regensburg-Kumpfmühl e. V. Hubert Wartner dessen Erinnerungen an diesen für ihn schrecklichen Tag vor. Schettl wollte nach dem Luftangriff nur noch schnell heim, er rannte vom Stadtwesten zurück nach Hause in den Stadtnorden. Für ihn selbst war der Luftangriff einfach nur furchtbar und traumatisch.

Nawwal Azzahrah gewann den 6. Internationalen Comic-Wettbewerb des Volksbundes mit einem Comicbeitrag, der genau den ersten Luftangriff auf Regensburg und die Messerschmitt-Werke thematisierte. Die Informatik-Studentin der OTH Regensburg berichtete, wie sie aus eigenem Geschichtsinteresse und ihrer Vorliebe für Comics zu dem Thema kam, da es im öffentlichen Raum kaum noch Erinnerungen an diesen Luftangriff von vor 80 Jahren gebe. Dies nahm sie zum Anlass, dieses Ereignis in ihrem Comic nachzuzeichnen. Dabei schilderte sie auch den brutalen Einsatz von Zwangsarbeitern in dem Werk. Der Generalkonsul der Republik Serbien Božidar Vučurović erinnerte an die serbischen Kriegsgefangenen und zollte allen Kriegstoten Respekt und drückte den Wunsch nach Frieden aus, wobei er dem Volksbund für die Durchführung und die Pflege der Kriegsgräber dankte. Der offizielle Teil der Gedenkveranstaltung wurde beschlossen durch das Verlesen des Totengedenkens, welches Bezirksgeschäftsführer Dr. Vidojković vornahm. Bürgermeister Artinger, Bezirksvorsitzender Glombitza und Generalkonsul Vučurović legten danach Kränze im Andenken an die Kriegstoten nieder, während das Lied „Ich hatt‘ einen Kameraden“ erklang.

Im Rahmen der Gedenkveranstaltung wurde zudem noch ein erneuerter Grabstein enthüllt, und zwar für den Kriegstoten Albert Kohlmann, der gegen Ende des Zweiten Weltkrieges ums Leben kam. Sein Enkel Jürgen Kohlmann wohnte der Enthüllung persönlich bei und freute sich, dass nun der richtige Vorname seines Großvaters auf dem Grabstein verzeichnet war. Auf dem Foto zu sehen sind von links nach rechts: der Kreisvorsitzende für die Stadt Regensburg Dr. med. Theophil Schindler, der Bezirksvorsitzende Abteilungsdirektor a.D. Richard Glombitza, der Bezirksgeschäftsführer Dr. Dario Vidojković und Jürgen Kohlmann, der Enkel Albert Kohlmanns.

Text: Dr. Dario Vidojković

Impressionen der Veranstaltung