Meldungen aus dem Landesverband Bayern
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"Gemeinsame Erinnerungen sind die besten Friedensstifter"

Beispielgebende Zusammenarbeit von Volksbund und Le Souvenir Français auf Hammelburger Kriegsgräberstätte

Die Sanierung des Denkmals für die verstorbenen französischen Kriegsgefangenen gab den Anstoß für das Projekt von Souvenir Français und Volksbund. Über die gelungene Zusammenarbeit freuen sich (von links): Der Kommandeur der Infanterieschule Hammelburg Brigadegeneral Michael Matz, Bürgermeister Armin Warmuth, Volksbund-Landesvorsitzender Wilhelm Wenning, Staatssekretär Sandro Kirchner, Isabelle Labbé, Generalkonsulin Corinne Pereira da Silva, Souvenir-Français-Landesdelegierter Pierre M. Wolff, Landrat Thomas Bold, Major Matthieu Faget und Volksbund-Landesgeschäftsführer Jörg Raab. Oliver Bauer / Volksbund

Ein besonderes Kapitel bayrisch-deutsch-französischer Beziehungen schlugen der Volksbund-Landesverband Bayern und der Verein Le Souvenir Français in Hammelburg auf. Gemeinsam informieren dort der Volksbund und seine französische Partnerorganisation über das Schicksal französischer Soldaten in der Gefangenschaft während des Ersten Weltkriegs, über die Kriegsgräberstätten auf dem Hammelburger Lagerberg und die humanitäre Arbeit der beiden Organisationen.

Das gemeinsame Projekt fand mit der Übergabe der Informationstafeln auf der Kriegsgräberstätte „An der Hundsfelder Straße“ seinen krönenden Abschluss. Gleichzeitig wurde die Sanierung des französischen Denkmals aus dem Jahr 1916 gewürdigt. Den Impuls für die Sanierung des Denkmals hatte vor beinahe zwei Jahren der französische Verbindungsoffizier an der Infanterieschule Hammelburg, Major Matthieu Faget, gegeben. Im Bemühen, sich dort selbst gemeinsam mit Kameraden einzubringen, stand er seit 2023 in Kontakt mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, dem Souvenir Français und dem Landkreis Bad Kissingen, der mit Pflege und Erhalt der beiden Hammelburger Kriegsgräberstätten betraut ist.

Die Sanierung des Denkmals, das während des Ersten Weltkriegs von französischen Kriegsgefangenen nach den Entwürfen ihres Kameraden Paul Labbé gestaltet und durch eine Spendensammlung unter den Gefangenen finanziert wurde, übernahm schlussendlich der Landkreis Bad Kissingen. Le Souvenir Français, vertreten durch seinen Landesdelegierten Pierre M. Wolff, und der Volksbund mit Landesgeschäftsführer Jörg Raab, Bildungsreferent Maximilian Fügen und Bezirksgeschäftsführer Oliver Bauer engagierten sich, um binnen kurzer Zeit die Inhalte für die Infotafeln zusammenzustellen, Einzelschicksale zu recherchieren und aus einer Vielzahl von Fakten und Details einen informativen und zeitgemäßen Überblick zur Kriegsgräberstätte und zum Volksbund bzw. Le Souvenir Français zu verschaffen.

Welch hohen Stellenwert die (bayrisch)-deutsch-französischen Beziehungen genießen, betonten gleichermaßen Innenstaatssekretär Sandro Kirchner in Vertretung des Schirmherrn Innenminister  Joachim Herrmann und die französische Generalkonsulin Corinne Pereira da Silva als Schirmherrin der Gedenkveranstaltung. Pereira da Silva und Kirchner betonten im Einklang mit den weiteren Rednern den hohen Stellenwert von Frieden und Freiheit. „Nur gemeinsam können wir Krieg in Europa verhindern“, sagte Kirchner und wies, ebenso wie auch Landrat Thomas Bold, darauf hin, dass Kriegsgräberstätten die Möglichkeit bieten, jungen Menschen die Folgen von Krieg und Gewaltherrschaft vor Augen zu führen.

Hammelburgs Bürgermeister Armin Warmuth verwies auf den Élysée-Vertrag von 1963 mit seinem Bekenntnis zu Europa und zur deutsch-französischen Freundschaft und dessen Fortschreibung im Vertrag von Aachen im Jahr 2019. „Gemeinsame Erinnerungen sind die besten Friedensstifter“, zitierte er den französischen Schriftsteller Marcel Proust. Dieser Aufgabe ist auch der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge verpflichtet. „Kriegsgräberstätten sind Mahner millionenfachen Leids“, sagte Landesgeschäftsführer Jörg Raab. Er betonte den Stellenwert der Volksbund-Bildungsarbeit: „Anschaulichkeit ist der Schlüssel zur Thematik.“ Gedenk- und Erinnerungstafeln seien ein wichtiger Schritt, Kriegsgräberstätten zu Lernorten der Geschichte auszubauen. Integraler und herausfordernder Schwerpunkt zugleich sei das kriegsbiografische Arbeiten im Spannungsfeld von „Helden, Tätern und Opfern“.

Brückenschlag nach Verdun

Raab dankte insbesondere dem bayerischen Landesdelegierten des Souvenir Français, Pierre M. Wolff, als Motor dieses gemeinsamen Projekts und federführendem Autor der Tafeln über die französischen Kriegsgefangenen. Im Zuge seiner Recherchen hatte er nicht nur viele Informationen über Paul Labbé, den Schöpfer des Denkmals, herausgefunden, sondern obendrein Familienangehörige in Frankreich gefunden. Enkelin Isabelle Labbé nahm als Ehrengast an der Gedenkfeier teil und trug Teile der Lebensgeschichte ihres 1974 im Alter von 82 Jahren verstorbenen Großvaters vor. Dass Paul Labbé im Architekturbüro von Léon Azéma am Gewinnerentwurf des Architektenwettbewerbs für das Beinhaus von Douaumont mitgearbeitet hat, schlägt eine Brücke von der Kriegsgräberstätte „An der Hundsfelder Straße“ zum wohl bedeutendsten Mahnmal des Ersten Weltkriegs – dem Schlachtfeld von Verdun und dem Beinhaus, in dem die Gebeine von etwa 130.000 unbekannten französischen und deutschen Toten ruhen.

Die 273 Toten verschiedener Nationen, die auf Kriegsgräberstätte „An der Hundsfelder Straße“ ruhen sowie die 3.031 sowjetischen Toten, die auf der nahegelegenen Kriegsgräberstätte „Am Felschen“ ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, sind Opfer des Ersten und Zweiten Weltkrieges. Die meisten von ihnen waren Kriegsgefangene, die in den Hammelburger Kriegsgefangenenlagern festgesetzt waren.

Bei Kriegsausbruch im August 1914 wurde auf dem Areal ein Kriegsgefangenenlager errichtet, in dem im Laufe des Krieges Franzosen, Briten, Italiener, Jugoslawen, Belgier und Russen interniert wurden. Die französischen, italienischen und britischen Soldaten, die „An der Hundsfelder Straße“ ursprünglich bestattet waren, wurden von den Gräberdiensten ihrer Länder nach dem Ersten Weltkrieg in die Heimat überführt oder auf zentralen Ehrenstätten zusammengebettet. Von den für diese Toten errichteten drei Denkmälern sind heute noch das französische und das britische erhalten.

Auch während des Zweiten Weltkrieges wurde das Areal als Kriegsgefangenenlager genutzt. Von 1940 bis 1945 waren dort belgische, französische, jugoslawische, polnische, sowjetische, italienische und US-amerikanische Kriegsgefangene in deutschem Gewahrsam. Bis Dezember 1941 wurden die Beisetzungen der verstorbenen Kriegsgefangenen weiterhin hier durchgeführt. Bedingt durch die stetig steigenden Todeszahlen wurde im Dezember 1941 mit dem Friedhof „Am Felschen“ ein weiterer, wesentlich größerer Friedhof angelegt.

Nach Jahrzehnte langen Provisorien wurde in den 1970er Jahre wurde eine endgültige Gestaltung der beiden Hammelburger Kriegsgräberstätten vorangetrieben. Am 3. Juli 1976 wurden im Rahmen einer feierlichen Gedenkveranstaltung die Hammelburger Kriegsgräberstätten durch den Volksbund in die Obhut des Landkreises Bad Kissingen als Friedhofträger übergeben.

„In Achtung vor der Würde des Menschen gestaltete der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge diese Ruhestätte in den Jahren 1974-75 neu.“

(Inschrift im Eingangsbereich der Kriegsgräberstätte)